Sankt Martinus Sinthern
Der heutige Ort Sinthern geht aus zwei alten Siedlungen hervor: dem in der Niederung eines kleinen Tals gelegene Teil des Dorfes, in alten Urkunden Sinthern genannt, und dem höher gelegenen Ortsteil, Kirdorf (= Kirchdorf) genannt.
Der Name Kirdorf blieb bis ins 17. Jahrhundert gebräuchlich, wurde danach aber durch den Namen Sinthern verdrängt.
Während in Sinthern die wehrhaft ausgebaute Anlage des Fronhofs der Abtei Brauweiler den baulichen Mittelpunkt bildet, ist es im ehemaligen Kirdorf die Kirche St. Martinus.
962 schenkt der Kölner Erzbischof Bruno I. dem Kölner Kanonissenstift St. Cäcilien Landbesitz und Einkünfte in Sinthern. Es entsteht eine Kapelle in Kirdorf.
Nach 1100 wird die Kapelle durch den Bau einer größeren Kirche ersetzt.
1211 wird die Kirche in Kirdorf mit ihren Einkünften dem Benediktinerkloster in Brauweiler inkorporiert, um dessen wirtschaftliche Lage zu verbessern. Die Abtei Brauweiler muss für die Instandhaltung des Kirdorfer Kirchengebäudes sorgen, den an der Kirche tätigen Pfarrer besolden und hat das Recht, die Stelle des Pfarrers zu besetzen. Zum Pfarrsprengel des in Kirdorf tätigen Geistlichen gehören die Dörfer Brauweiler, Dansweiler, Freimersdorf, Kleinkönigsdorf, Manstedten, Sinthern und Glessen. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts sind Mönche des Klosters in Brauweiler als Pastöre in Sinthern tätig.
1267 dringen Truppen des Grafen von Jülich in das Gebiet des Kölner Erzstiftes ein und zerstören in Kirdorf den Turm der Kirche, in dem sich die Bauern des Dorfes verschanzt haben.
1331/32 werden an der Kirdorfer Kirche Reparatur und Baumaßnahmen vorgenommen. Die Kirche erhält einen gotischen 3/8 Chorabschluss mit Gewölbe, der später einstürzt.
1629 bis 1685 werden an der Kirche erneut Baumaßnahmen durchgeführt. Da die Gewölbe der Seitenschiffe entweder baufällig oder zerstört waren, wird das neue Dach über Mittelschiff und die niedrigeren Seitenschiffe tief heruntergezogen, wodurch jedoch die Fenster in den Obergaden der Mittelschiffwände überdeckt werden und kein Licht mehr in das Mittelschiff fallen kann.
1656 weiht der Kölner Weihbischof Georg Pauli-Stravius die drei Altäre der Kirche, den Hauptaltar zu Ehren der hl. Bischöfe Martin und Hubertus, den nördlichen Seitenaltar zu Ehren der hl. Josef, Matthias und Agatha und den südlichen Seitenaltar zu Ehren der hl. Katharina sowie der hl. Ursula und ihrer Gefährtinnen.1801 wird das bisherige Erzbistum Köln aufgelöst und an seine Stelle tritt das neue Bistum Aachen, das seinerseits zum Erzbistum Mechelen gehört.
1802 wird die Abtei Brauweiler durch den französischen Kommissar Sibiller säkularisiert.
1804 wird Sinthern zur selbständigen Pfarre im Bistum Aachen erhoben, die genau wie Brauweiler, Geyen, Pulheim oder Widdersdorf Sukkursalpfarre (Hilfspfarre) ist. Die Hauptpfarre wird Lövenich, das Sitz der Kantonalverwaltung ist. Während an der Hauptpfarre ein vom Staat besoldeter Pfarrer wirkt, ist in den Sukkursalpfarren ein Hilfspfarrer tätig, dessen Gehalt die Zivilgemeinde bezahlt; in Sinthern ist dies die Mairie von Freimersdorf.
Im Zuge einer weiteren Neuordnung der Pfarren zum Zwecke der Verringerung der staatlichen Ausgaben, verliert die Pfarrei Sinthern 1908 ihre Selbständigkeit und wird erneut der Pfarre Brauweiler zugeordnet. 1835, unter preußischer Verwaltung, wird Sinthern durch den Kölner Erzbischof Ferdinand August Graf von Spiegel wieder zur selbständigen Pfarre.
1880 wird die Ostapsis des Seitenschiffes abgebrochen und am Ostende des Nordseitenschiffes eine zweite Sakristei angebaut.
1942 werden die Kirchenfenster bei einem Fliegerangriff zerstört,
1951 erhält die Kirche neue Fenster.
1958 werden drei neue Glocken angeschafft.
Zu Beginn der 1970iger Jahre werden an der Kirche umfangreiche Renovierungs- und Sicherungsarbeiten durchgeführt. Bei der archäologischen Grabung zur Erforschung der Baugeschichte werden Reste des ersten Kirchbaus aus dem 11. Jh. gefunden. Am Ostende des Nordseitenschiffs werden die Fundamente der Apsis gefunden. Die Apsis wird anschließend rekonstruiert.
Die Sintherner Pfarrkirche bietet sich heute als dreischiffige Basilika mit polygonalem Chorabschluss und über die Schiffe tief herabgezogene Schleppdächer dar. Anstelle des zerstörten Turmes besitzt die Kirche einen Dachreiter.